Die Schaffer unter den Schularten

Schule Zwischen Vorteilen und Vorurteilen – Was sind eigentlich Gemeinschaftsschulen genau?

Quelle: Schwäpo am 06.03.2021

Aalen/Essingen. Innovativ, beweglich, weniger Zwänge: Gemeinschaftsschulen haben viele Vorteile – und doch hat die noch neue Schulart mit einigen Vorurteilen zu kämpfen. Die Schulleiter Anita Stark von der Kocherburgschule in Unterkochen und Dr. Bernd Kinzl von der Parkschule Essingen erklärten in einem Gespräch mit der SchwäPo, wieso sie das Konzept der Gemeinschaftsschule für ideal halten.

„Es ist die Schulart, die den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahre am besten abbildet“, findet Kinzl. „Es ist ein Mix aus allen Schularten“, so Stark. Sie verbindet pädagogische und fachliche Kompetenzen in gutem Ausgleich. „Wir können kreativer mit dem Lehrplan umgehen. Und da wir eine Ganztagesschule sind, bedeutet es, mehr Zeit zu haben.“

Schule sei hier nicht nur Lernort, sondern auch Lebensraum. „Und Schulzeit ist auch Lebenszeit. Hier steht die Person im Vordergrund“, erklärt der Essinger Schulleiter. Die Entwicklung der Persönlichkeit, zur Selbstständigkeit, der kreative Umgang mit Lösungsansätzen.

Denn schon allein der Unterricht gestaltet sich nicht mehr starr: nicht alle Schüler lernen im gleichen Tempo, mit gleicher Schwierigkeitsstufe. Deshalb lernen die Schüler in den Niveaustufen G, M und E. Das sind Schwierigkeitslevel, die auch von Fach zu Fach variieren können. So kann jeder Schüler auf seinem Niveau die Themen angehen. Lernziele werden so besser erreicht, die gemachten Erfolge sollen fürs weitere Lernen motivieren. „Anstrengung soll sich lohnen“, so Stark.

„Das Gute“, erzählt die Rektorin der Kocherburgschule, „ist, dass sich Eltern nicht nach der vierten Klasse entscheiden müssen, welchen Schulabschluss ihr Kind machen wird.“ Denn der Schulabschluss, der zeichnet sich erst nach und nach ab, wird in der 8. Klasse dann festgelegt. Haupt- oder Realschulabschluss oder geht es ohne Prüfung weiter auf ein Gymnasium?

Getrennt werden die Klassen nicht grundsätzlich. Zwar bekommen die Gruppen der Lernniveaus immer wieder gezielten Input, im Grunde lernen aber alle Schüler gemeinsam. „Wir begreifen die Heterogenität als Chance“, so Stark. Das stellt Lehrer vor eine neue Herausforderung: Weg vom Frontalunterricht, hin zu neuen Ideen und Lösungsansätzen. „Wir brauchen eine neue Lernkultur. Wir müssen Schule neu denken“, plädiert Stark.

Beim Prinzip der Gemeinschaftsschule geht es vordergründig um die Frage: Was brauchen Kinder für die Zukunft? Und das sind Kompetenzen wie Lösungswege finden, Fähigkeiten richtig einsetzen, demokratisches Denken, selbstständiges Handeln, Kommunikation und vieles mehr. Denn: Fakten kennt der Computer. Da seien auch die Lehrer gefordert, sich über Aufgabenformate und Fragestellungen Gedanken zu machen.

Das funktioniert nur als Team, versichern die Schulleiter. Im Wir-Verbund und mit Engagement kommen neue Ideen auf – im Lehrerkollegium und mit den Schülern.

Überhaupt ist die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler eine engere, als es sie an den klassischen Schularten ist. Lehrer werden zu Lernbegleitern, geben regelmäßiges Feedback, loben, motivieren. In den kleineren Klassen kann sich der Lehrer so intensiv mit dem einzelnen Schüler auseinandersetzen. Das braucht Engagement. Kinzl versichert: „Die Lehrerkollegen sind aktiv, bringen sich ein – und sie haben eine hohe Berufszufriedenheit.“ - Sarah Schwellinger